Samstag, 31. Mai 2014

Knebel über den Dächern Bochums

Bochum. Ein junger Typ, Anfang 30, Jeans Hemd, Gel Frisur, steht auf einer Dachterrasse mitten in der Bochumer City und referiert auf lockere Art über den goldgelben Wein in seinem Glas. Drumherum: 15 Weinliebhaber aus dem Weinklub Porto Bocho und 45 Flaschen Riesling...



Der Mann heißt Matthias Knebel vom Weingut Knebel in Winningen in der Nähe von Koblenz. Dort wo die Mosel in den Rhein mündet und sich die so genannte Terrassenmosel befinden. Ein Bereich der Mosel der lange im Schatten weltbekannter Weinbaugemeinden wie Wehlen, Graach oder Bernkastel weiter Fluss aufwärts stand, sich aber durch Weingüter wie Busch, Löwenstein und eben auch Knebel immer weiter in den Fokus rückt. Denn karge Schieferböden und nach Süden exponierte Steilstlagen gibt es hier auch, nur sind diese, wie der Name schon andeutet, meist terrassiert um etwas Auflage für die Reben zu schaffen. Wie sollte es auch anders sein, dominiert auch hier der Riesling. Auch Matthias Knebel baut auf seinen ca. 7 Hektar Rebfläche, abgesehen von sehr geringen Mengen Weißburgunder, ausschließlich Riesling an. Handlese, Spontanvergärung, Ertragsreduzierung und naturnahes Arbeiten sind für ihn selbstverständlich. Einzig die Qualität des fertigen Weines steht im Vordergrund und das ohne Kompromisse. Reich werden können andere. Stilistisch will Knebel seine Region repräsentieren. Das heißt für ihn konzentrierte und lagerfähige aber elegante, mineralische Weine, welche zwar trocken schmecken, sich aber analytisch oft im unteren Halbtrockenen Bereich bewegen. Das gelingt ihm vor allem in seinen Toplagen Röttgen und Uhlen. Doch es war nicht immer alles einfach für den studierten Oenologen Matthias Knebel. Viel zu früh verstarb sein Vater und hinterließ einen noch unerfahrenen Sohn und somit ein Weingut ohne Führung. Damals sprang der bekannte Weinberater Gernot Kollmann ein und übernahm die Verantwortung im Keller. Ein Retter in der Not, von dem er viel gelernt habe, sagt Knebel heute dankbar. Als Gedenken an seinen Vater ziert das Autogramm von Reinhard Knebel nicht nur den Korken jeder Flasche, sondern auch den Unterarm seines Sohnes.



Mittlerweile hat Matthias sein Weingut fest im Griff und drückt ihm seinen eigenen Stempel auf. Und nebenbei findet er auch noch Zeit, den Mitgliedern des Bochumer Weinklubs seine Weine zu präsentieren und Rede und Antwort zu stehen. Vom Wetter mal abgesehen, wurde für beste Bedingungen gesorgt. Rippchen und Burger brutzeln auf dem Grill, leise Beats schallen aus den Boxen, die Stimmung ist mehr als gut und Knebel zündet eine Riesling Rakete nach der anderen...



Ein Wein der mir ganz besonders in Erinnerung geblieben ist, ist der Röttgen aus dem Jahr 2006. Der Wein glitzert golden im Glas. Die Nase intensiv nach nassem Stein, Pfirsich und roten Äpfeln, dazu eine herrliche Kräuternoten und ein ganz leichter sexy Petrolton. Am Gaumen unglaublich zupackend, die Säure perfekt eingebunden, weniger fruchtig mehr würzig.  Erste Honignoten kommen nach längerem schwenken durch. Aber typisch Knebel, nie fett oder alkoholisch und mit enormen Trinkfluss. Ich glaube ich habe davon eine ganze Flasche alleine getrunken ! 93/100



Nach dem letzten Wein auf der Verkostungsliste, einer traumhaft frischen Auslese aus dem Jahr 2012 und ordentlich Stopfleber Terrine, zieht Matthias Knebel noch eine Überraschung aus dem Hut. Eine 2006er Trockenbeerenauslese aus der Lage Röttgen. Für eine solche Spezialität werden ausschließlich rosinierte, von Botritis befallene Beeren ausgelesen und sanft abgepresst. Diesen Wein lies Knebel auf einer traditionellen Moselweinauktion versteigern und erzielte einen Preis von über 400 € pro 0,375 l Flasche ! Ein Wein also, den man nicht alle Tage kosten darf. Dieses Elixier fließt wie orangefarbenes Öl ins Glas. Nachdem die an Prittstift erinnernden Fruchtesther verflogen sind, duftet der Wein nach getrockneten Aprikosen, kandierten Orangen, Karamell, Waldhonig und Quittengelee. Kaum hat man das Glas angesetzt und ein winziges Schlückchen genommen, tapeziert der Wein sofort den ganzen Mundraum aus. Über 300g/l Restzucker werden gekontert von messerscharfer Säure, die wie eine Rasierklinge über die Zunge geht, dazu ein nahezu unendliches Finish. 96+/100



Danke Porto Bocho, Danke Patti für die Fotos und vor allem Danke Matthias Knebel für deine sympathische Art, deine tollen Weine und deine Trinkfestigkeit ! #DoYourThing

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